Leon Manoloudakis




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Sublation of Order



Leon Manoloudakis strats his working process on the basis of graphite. By applying the substance opaquely to two-dimensional background surfaces, he takes up a practice that can be traced back to a historical borderline area. Because graphite has the property of leaving dark deposits on rough surfaces through abrasion, it has been used traditionally as a means of figurative representation.

Manoloudakis recurs to this practice by using a specific historical medium and exploiting its properties to color a background. At the same time, he modifies and innovates both - material and practice: Manoloudakis´ working method is characterized by the fact that the surface-covering coloring does not primarily serve the purpose of graphic representation. Rather, the complete blackening of the background is intended to annihilate everything that can be represented. In this way, the artist escapes the impulses and impressions of a high-frequency society, the laws and conditions of a present reality.

Through the uniform blackening he succeeds in distancing himself initially from the immediate. His intention is not so much to transfer his spontaneous impressions onto a background by means of drawing. Rather, he pauses in the blackening and seeks to distance himself from views. After the process of annihilation, space for a radical search movement arises as a result of an emancipation of perspective. Meanwhile, like an archaeologist, the artist digs through the graphite layers to return to the subconcious origins of the work and its influences. In the process, surfaces arise, that seem like excavation sites. This time their edges show tremulously irregular contours, another time they appear almost systematic. Here, areas that have been cleared are covered again; there, they are dug even deeper.

If you come closer to look closely, you can not only perceive a specific vibrancy from the texture of the surface structure, but also, as it were, understand the constant back and forth in a transformative decision-making process. In this respect, Manolodakis' works resemble a psychogram, that gives those, who are able to decipher it, an intimate insight into the artist's spheres of (un)consciousness.

[At the same time, the works represent the expression and imprint of an extensive process of reflection and cognition, which takes place less in the mode of logical conclusion than in a continuous contemplation and transcendental practice. The result of this artistic sublimation is a work, in which life-world experiences are so condensed, that they reach a level of agglomeration provoking the confusion and rearrangement of the parameters for the knowledge and interpretation of the world of the recipient].

Lukas Treiber


Page Noir


If we want to find the beginning in Leon Manoloudakis work, we must be prepared to turn around and take the leap into the dark. For his works emerge from a shadow. By always shading the radiant clearing of the "page blanche" with a matte graphite layer, the artist begins his drawings in the making of an end. It is from this end that the search for the beginning starts. With a backward look at an origin that rests in concealment.

Lukas Treiber



Garden Of Delete 


Die Maschine steht still

Der gegenwärtige Fortschrittsrausch unserer globalen Kultur scheint sich auch trotz mannigfacher Spuren von Abnutzung und Zerstörung weiter fortzusetzen. Imaginieren wir unsere Kultur für einen Augenblick als postmodernes Kraftfahrzeug – selbstverständlich fahrerlos –, so sitzen wir darin wahrscheinlich auf einer komfortablen Rückbank und blicken auf Bildschirme. Dort sind Displays vor uns, deren Bildfrequenz wir von oben nach unten und Displays neben uns, deren Informationen wir von rechts nach links speedperceiven. Der Modus Vivendi – Rapid Eye Movement im Wachzustand.

In Wahrheit ist jene Imagination bereits die Realität unserer Wahrnehmung. Gerade weil die darin eingespeisten Datensätze in extremhoher Dichte, Frequenz und High Definition erscheinen, reicht das Fassungsvermögen unserer mentalen Prozessoren nicht aus, den visuellen Reizstrom auf der Retina in bewusste Gedanken zu übersetzen. Alles zu viel und zu schnell.

Obwohl der hocheffiziente Elektromotor unseres Fahrzeugs kaum merklich surrt, ist eine Konzentration der Sinne beinahe unmöglich. Doch selbst wenn dem Blick die Fokussierung gelänge, würden wir immer nur Fragmente wahrnehmen – für den bloßen Bruchteil einer Sekunde. Der Effekt des Rasens ist ein Delirium, in dem die materielle, wie auch digitale Landschaft an uns vorüberschnellt. Dabei besitzt die Geschwindigkeit selbst eine magnetische Sogwirkung: Die in der Flucht der Bilder verschwindenden Gegenstände unserer Wahrnehmung lassen uns selbst verschwinden. Sie reißen uns mit sich aus der Gegenwart in eine virtuelle Zone außerhalb materieller und zeitlicher Evidenzen. Aus dieser Perspektive des Außen bezeugen wir bereits.
in der Gegenwart unbewusst unseren künftigen Untergang.

Es ist jene Sogwirkung ins Abseits, die eine These Virilios bemerkenswert macht, in der die Entwicklung hoher technischer Geschwindigkeiten schließlich in das Verschwinden des Bewusstseins mündet, wenn man unter Bewusstsein die unmittelbare Wahrnehmung der Phänomene versteht, die uns über unsere eigene Existenz unterrichten. Statt einer bewussten Wahrnehmung der Phänomene, zeichnet sich der gegenwärtige Wahrnehmungsmodus laut Türcke durch eine rearchaisierte Triebstruktur als Folge ständiger Sensationsschocks aus. Im Dauer- Flashlight sensueller Reize assimiliert sich unsere Wahrnehmung zunehmend dem Erleben im Traum, indem wir Erscheinungen aus einer transzendentalen Sphäre des Unbewussten empfangen. Provokant ausgedrückt lässt sich der Sensationalismus damit als Fortsetzung religiöser Epiphanie bezeichnen. Beschleunigt die künstliche Quantifizierung Gottes also profane Erleuchtungen? Mitnichten!

Trotz ihrer inflationären Erscheinungen wird die medial stimuilierte Epiphanie sogar zur Bedrohung, weil sie aufgrund ihrer Permanenz die Phänomene langfristig unserer bewussten Wahrnehmung entzieht. Vor dem Hintergrund schmelzender Polkappen, Kriegsverhehrungen, abbrennender Wälder, fossiler Energien und dem massenweisen Ausbrennen am Arbeitsplatz, erscheint das Verschwinden des Bewusstseins aus dem Bereich unmittelbarer Wahrnehmung alarmierend. Bedauerlicherweise aber nur als ein Signal unter vielen, dass bereits im nächsten Moment vom homogenen Rauschen des Verschwindens verschluckt wird.

Garden of Delete setzt dem drohenden Verschwinden von Mensch und Welt in virtuellen Bilderfluten eine konträre Wahrnehmungsweise entgegen. Die Fülle weicht dem Wenigen, welches ruht und sich der eingehenden Anschauung bewahrt. Garden of Delete erscheint indessen als die Landschaft, die begangen und betrachtet werden kann, wenn der Motor unserer imaginären Realität stillsteht.

Lukas Treiber


(1) Virilio, Paul: Esthétique de la disparition (1980)
(2) Türcke, Christoph: Erregte Gesellschaft. Philosophie der Sensation (2002)
(3) Vgl. dazu Türcke, Christoph: Philosophie des Traums (2008)